Wie sollen wir beten?

Lukas 11, 1-13

Auf diese Frage antwortet Jesus doppelt.

Zuerst mit den Worten, die wir als „Vaterunser“ kennen – allerdings hier in einer sehr verkürzten Version.

Und dann mit der Geschichte vom bittenden Freund: keine Sorge haben, man könnte unverschämt wirken! Inständig um das Not-wendige bitten und beharrlich bleiben.

Übrigens in der Geschichte vom bittenden Freund ist diesem ja auch ein unverschämter Gast mitten in der Nacht ins Haus geschneit. Im Vaterunser heißt es: und vergib uns …wie auch wir vergeben. Der unverschämte Gast wurde aufgenommen, dem bittenden, auch in der Nacht gastfreundlichen Freund wird entsprechend geholfen.

Auf die eigene Haltung kommt es auch – nicht als Bedingung, aber als Lebenseinstellung.

Warum Schlange, Fisch, Ei und Skorpion noch in diesem Zusammenhang aufgeführt werden, versteh ich nicht so ganz. Die Thematik „gibt Gott das Gute?“ stand eigentlich nicht infrage.

„Wenn guten Menschen Böses widerfährt“ hat ein eigenes Kapitel verdient.

Maria 2.0

Lukas 10,38-42

Marta und Maria – Schwestern – der Konflikt ist vorprogrammiert. Ich weiß, wovon ich spreche. Mutter von zwei Töchtern, selbst gemeinsam mit einer jüngeren Schwester groß geworden. Marta fühlt sich verantwortlich. Das heißt, wenn Besuch kommt, muss etwas zu trinken und zu essen angeboten werden. Maria freut sich über den Besuch und schenkt ihm ihre ganze Aufmerksamkeit. Ich habe für meine Seelsorgebesuche aus dieser Geschichte gelernt: „Frau Pfarrerin, möchten Sie eine Tasse Kaffee?“ – „Ich trinke gern ein Glas Wasser.“ Und nur, wenn mir dann versichert wird, der Kaffee sei quasi fertig, nehme ich doch die angebotene Tasse. Die leibliche Versorgung lenkt vom eigentlichen ab. Da hat Maria tatsächlich das bessere gewählt. Maria 2.0 hat diesen Namen sicherlich auch nicht ohne Grund gewählt und mehr an diese Maria als an die „Jungfrau“ gedacht.

Barmherzig

Lukas 10, 25-37

Der barmherzige Samariter

Frage an Jesus: Wer ist mein Nächster?

Jesu Antwort: der sich als dein Nächster erweist – durch sein Tun.

Durch seine Anteilnahme,

Durch sein Mitfühlen.

Durch seine Barmherzigkeit

und natürlich jede*r, der/die auf Barmherzigkeit angewiesen ist.

Rettungsweg

Lukas 9, 51 – 10, 16

Als erstes: Auch Jesus meint, verschieben aus irgendwelchen, auch noch so wichtigen Gründen, tut nicht gut. Trotzdem habe ich die Textbearbeitung von gestern auf heute verschoben – aus guten Gründen – und jetzt stehe ich vor solch einer Fülle von Themen.

Auf jeden Fall fängt der „Reisebericht Jesu“ an. Es geht weder um eifrigres Strafen noch um zögerliches Zurückhalten, sondern um einen „Rettungsweg“. Und am Ende wird Jerusalem stehen und Jesu Aufnahme in den Himmel.

Welche wichtigen Dinge und Termine halten uns davon ab, einfach dem Weg Jesu zu folgen?

Und nun stehe ich wieder konsterniert vor den nächsten Sätzen. Die 70 – welche Menge! -werden friedlich ausgesandt und dann wird auf einmal über mehrere Städte „Gericht gehalten“.

Was denn nun – Frieden oder gericht und Verdammung?

Das Lukasevangelium ist manchmal schon sehr merkwürdig zusammengesetzt.

Toleranz?

Lukas 9, 49-50

Da antwortete Johannes und sprach: Meister, wir sahen einen, der trieb Dämonen aus in deinem Namen; und wir wehrten ihm, denn er folgt dir nicht nach mit uns. Und Jesus sprach zu ihm: Wehret ihm nicht! Denn wer nicht gegen euch ist, der ist für euch.

Vielleicht möchten wir aber nicht mit ihm „in einen Topf geworfen werden.“ Wer ist da nicht alles im Namen Jesu unterwegs, aber eben nicht mit uns. Von Außenstehenden wird dann über „die Kirche“ oder „die Christen“ gesprochen und Menschen treten wegen Papst oder Zölibat aus der evangelischen Kirche aus. Exorzismus oder Antidarwinismus wird einem unterstellt. Und die Intoleranz der Fundamentalisten und die Nichtanerkennung von Pfarrerinnen durch orthodoxe oder röm-kath. Geistliche habe ich selbst erlebt. Von wegen für uns!

Alle!

Lukas 9, 46-48

Die Jünger stritten darüber,
wer von ihnen der Wichtigste war.
47Jesus wusste, was in ihnen vorging.
Er nahm ein Kind, stellte es neben sich
48und sagte zu ihnen: »Wer dieses Kind aufnimmt
und sich dabei auf mich beruft, der nimmt mich auf.
Und wer mich aufnimmt,
nimmt den auf, der mich gesandt hat.
Denn wer unter euch allen der Geringste ist,
der ist in Wirklichkeit groß.«

Ich verstehe das – nach längerem Nachdenken! – so, dass wir alle wichtig sind, da wir Gottes Kinder sind. Aber ich denke, Jesus hätte sich einfacher ausdrücken können. Entweder sind alle Menschen wichtig oder keiner, aber nicht nur einer. Ich bin für alle.

Am Ende der Geduld

Lukas 9, 37-45

Jesus wütend – das es das gibt! Jesus schimpft. Doch nicht über den Vater des kranken Kindes, sondern über seine Jünger, die nichts begreifen. Sie schicken den verzweifelten Vater weg, behaupten, nicht helfen zu können, schicken ihn zu Jesus. Und der wird sauer: Ihr werdet nicht ewig an mich weitergeben können. Traut euch, glaubt.

Wie gut, dass auch Jesus einmal die Geduld verliert.

Wie gut, dass auch seine Anhänger und Schüler, die ihn direkt bei sich haben, sich vieles nicht zutrauen und ins zweifeln geraten und ihn nicht immer verstehen.

Warum das gut ist? – Weil es uns ja auch manchmal so geht. Es kann besser werden!

Auf jeden Fall muss die Situation für Eltern kranker Kinder besser werden. Ja, den Kindern muss geholfen werden, und den Eltern auch! Wie oft stehen diese allein und hilflos da, am Ende ihrer Kräfte und von manchem gemieden, da sie ja Mühe machen. Eltern brauchen Unterstützung.

Wer bin ich?

Lukas 9, 18-36

Endlich allein – Ruhe. Jesus fragt: für wen halten mich die Menschen? Für einen alten Propheten, vielleicht Elia oder den Täufer.

Und was denkt ihr? Für den Messias! Sagt das niemandem!

Leiden und Hinrichtung werden die Folge für mich sein. Aber auch die, die bei mir sind, sind gefährdet. Doch nur, wer mir nachfolgt, gewinnt das Leben. Hier sind einige, die werden das Reich Gottes erleben,

Eine Woche später: Jesus und drei Jünger steigen auf einen Berg zum Beten. Die drei halten sich mühsam wach und sehen Mose und Elia bei Jesus stehen. Eine Wolke naht und eine Stimme erschallt:
Dies ist mein Sohn. Da haben wir die Antwort auf die Ausgangsfrage.

5000

Lukas 9, 10-17

Heute kann ich es mir leicht machen. Am Sonntag habe ich über den Paralleltext bei Markus gepredigt:

Öffne mir die Augen, so sehe ich die Wunder. Ps 119, 18:

Es war wie ein Wunder an jenem Abend vor mehr als 25 Jahren. Ich brachte ein Bild nach dem Aquarellkurs nach Hause. „Lass doch mal sehen, was du gemalt hast! Das ist ja ein toller Vogel!“, sagte mein Mann. Ich schaute noch mal ganz irritiert auf mein Aquarell. Doch es war mein Blumenbild in komplimentärem blau/gelb. Wo sah er einen Vogel? Erst als er ihn mir zeigte, sah ich das Bild mit seinen Augen an und entdeckte den Vogel.

schaut hin – ist das Leitwort des kommenden 3. Ökumenischen Kirchentages in Frankfurt am Main.

Schaut hin, seht! heißt es oft in der Bibel.

So auch in dem Text aus Mk 6,30-44. Bei der Speisung der 5000 wird hingesehen und das gleich mehrfach.

Zu Beginn sind da die Menschen, die Jesus sehen, seine Nähe suchen. Sie sehen genau hin.
Das Boot mit Jesus und seinen Schülern hat bereits vom Ufer abgelegt, steuert offensichtlich einen anderen Ort an. Wohin wollen sie? Die Menschen entdecken Jesu Ziel und laufen schon einmal los, denn sie wollen ihm nahe sein, ihn vor sich sehen, mit eigenen Augen schauen, was er besonderes tun kann. Ja, wie auch heute, wollen die Menschen die Sensation sehen. Allerdings suchen sie bei Jesus die Sensation der Heilung, der Hilfe, des Wunders im Namen Gottes.
Das ist ja das besondere an Jesus: er predigt nicht nur, er handelt auch. So ist nicht nur das Hören sondern auch ganz besonders das Sehen der Menschen gefragt. Taube hören, Blinde sehen, das ist die Antwort Jesu an Johannes den Täufer auf dessen Frage, ob er der sei, auf den alle warten. Er predigt von Gottes befreiender Gnade und befreit die Menschen von sichtbarer Krankheit und Not. Wer sich von Worten allein nicht überzeugen lässt, kann sehen, welche Macht am Werke ist.

Jesus suchte einen einsamen Ort zum Essen, seinen gerade zurückgekehrten Schülern gönnte er Ruhe von der langen Wanderschaft. Trotzdem schickt er die Menschenmenge nicht fort, die ihn bereits am anderen Seeufer erwartet. Markus schreibt: „Er sah die große Volksmenge und bekam Mitleid mit den Menschen.“
Hinschauen, erkennen und handeln gehören für Jesus zusammen.
Er sieht sie und sieht zugleich ihre Not, ihre Bedürftigkeit.
Die Menschen suchen Halt, suchen Leitung, suchen Geborgenheit.
Jesus erkennt: „Sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.“
So spricht er zu ihnen, weil sie von ihm hören wollen, wie Gott ist, was Gott ihnen tut, was Gott von ihnen will. Und er spricht lange zu ihnen, viele Stunden. Ob sie ihn befragten und er immer weiter willig antwortete? Er nimmt sich Zeit für sie. Stellt die eigenen Bedürfnisse zurück. Ist ganz für sie da. Und sie hören gebannt zu, schauen auf den, der ihnen Gottes Wort so anschaulich und unermüdlich und freundlich nahebringt. Müdigkeit, Hunger, kein Gedanke dran.
Nur den Schülern Jesu wird alles zuviel. So allmählich sollten diese Menschen gehen und sie in Ruhe lassen. Die müssen doch mal wieder nach Hause, essen und schlafen. Als Jesus kein Einsehen zeigt, provozieren sie ihn: sollen wir etwa für viel Geld für alle diese Leute auch noch einkaufen gehen? Sie wissen, das Geld ist nicht vorhanden. Jesus aber bleibt ganz ruhig. „Wieviel Brot habt ihr dabei?“ Geht und seht nach!
Er kann die Menschen doch nicht fortschicken, nachdem er ihnen gepredigt hat, dass sie alle zu Gott kommen können mit ihren Bedürfnissen und Bitten. Wie sieht das aus, wenn er sie nur wegen des Abends und des Hungers fortschickt?

Seine Schüler sehen nach.
Und entdecken: es ist sogar noch mehr da, als nur fünf Brote. Sie finden auch noch 2 Fische. Es ist nicht übermäßig viel angesichts der großen Menschenmenge. Doch sie sind bereit, alles zu teilen, was sie haben. Allerdings sehen sie auch: Satt machen können sie damit die 5000 auf keinen Fall. Da ist mehr nötig als das wenige, das sie geben können. Auf Jesu Geheiß setzen sich die Menschen in Gruppen zusammen ins „grüne Gras“ und jetzt komm ich um die Assoziation nicht mehr herum, der Hirte führt seine Schafe auf die grüne Aue – es ist wie im 23. Psalm. Und sie sitzen in Gruppen wie am gedeckten Tisch.

Jesus schaut wieder hin, seine Blickrichtung ist nun aber eine andere: er schaut zum Himmel und spricht das Dankgebet. Er schaut zu Gott auf und erwartet alles von ihm. Voller Vertrauen in Gottes guten Willen und seine Barmherzigkeit. Es fehlt nur noch, dass er sagt: „Schmecket und sehet, wie freundlich Gott ist“. Nicht er, Jesus und seine Schüler, nein, Gott ist es, der alle satt machen wird. Und so teilt Jesus Brote und Fische und nimmt alle mit bei diesem Perspektivwechsel: von der irdischen Not zur himmlischen Fülle, vom Mangel zum „Mit Gott ist alles möglich!“
Ob es ein Wunder war oder ein solidarisches Handeln, die Bibel sagt es uns nicht. Auf jeden Fall ist es eine Ermutigung.
Eine Ermutigung zum Hinschauen! Das Bild dieser Welt ist ein anderes, wenn du es mit den Augen Jesu siehst, denn dann schaust du voller Mitleid.

  • Schau auf Jesus, auf sein Tun, seinen Standort, sein Ziel und folge ihm. Die meisten von uns, so denke ich, versuchen das. Doch wir fragen uns schon: Wo sind heute diese Menschen, die Jesus nachlaufen? Warum sind da nicht viel mehr, die nach ihm schauen und von ihm alles erwarten? Ist die Not zu gering, die Hoffnung nicht da, vertraut man nur auf sich selbst und die Ärzt*innen, Fachleute usw. Fehlt der Glaube an Gott und auch der Wunsch zu glauben, Gott zu vertrauen? Es geht darum, dass wir den Blick auf Jesus ermöglichen, den Wunsch darauf wecken, Jesus zu ent-decken und auf ihn zu schauen. Dazu sind ja z. B. auch Kirchentage da.
  • Schau mit Jesus auf die Menschen und erkenne, wie es ihnen geht und welche Bedürfnisse sie haben. Heutige hilfesuchende Schafe, wie Jesus sie nannte, gibt es überall in dieser Welt: die Menschen, die durch die Corona-Pandemie völlig verunsichert sind, die um Gesundheit aber auch wirtschaftliche Existenz bangen, die jetzt besonders vereinsamt sind und die, die alleine trauern. Menschen, denen die Zuversicht fehlt, die niemandem mehr vertrauen, keinen Mut zum Leben haben, denen alles so sinnlos erscheint. Sie alle sind uns ganz nahe. Doch darüber können wir die Flüchtenden und die Kriegsopfer nicht vergessen. Die Bilder von den verhungernden Kindern im Jemen gehen mir nicht aus dem Kopf.
  • Schau bei dir selbst nach, was du an Möglichkeiten hast, die Not zu lindern. Welche Möglichkeiten der Hilfe haben wir, abgesehen vom Geld? Nur noch kurz die Welt retten, ist nicht so einfach. Und es geht eben nicht nur um die Kollekten und Spenden, so notwendig diese auch sind, es geht auch um das, was ich selbst tun kann, hier vor Ort, indem ich z.B. die abgelegte Kinderkleidung dem Spatzennest oder dem Friedensdorf spende. Da haben wir gerade eine Überraschung erlebt, indem wir mehr als nötig gebracht bekamen. Auch wir konnten weitere Körbe füllen. Die helfenden Hände, der Gabenzaun, so vieles ist zu entdecken, wenn wir genau hinschauen, oft mehr, als wir zunächst glaubten.
  • Schau auf Gott, dank ihm und erwarte alles von ihm. Er schenkt dir Augen zum Hinsehen, gibt dir Liebe und Barmherzigkeit ins Herz, hat dich begabt mit Fähigkeiten, die du in den Dienst anderer stellen kannst und lässt dich nicht allein stehen, eine große Gemeinschaft ist mit dir unterwegs.
    Gott, öffne mir die Augen, so sehe ich die Wunder. Amen

Zuviel

Lukas 8, 40 – Ende und 9, 1-9

Manchmal ist es zuviel auf einmal. So war es gestern. Pfarrer*innen/Kirchmeister*innen-Runde per Zoom, anschließend Beerdigung im Schnee und klirrender Kälte plus Sonnenschein, nur im Freien, ohne Hallennutzung, und mit internistischem Notfall bei einem Trauernden, spätes Mittagessen, zweimal Konfirmand*innenunterricht per Zoom, Vorbereitung der nächsten Beerdigung.

Da habe ich doch die tägliche Bibellese links liegen gelassen. Und muss heute feststellen: Jesus ging es wie mir: Nicht nur die Tochter des Jairus braucht seine Hilfe, gleichzeitig ist da auch noch die dauerblutende Frau. Ihre Heilung bemerkt er, da sie ihm Kraft nahm, die Eltern der 12-Jährigen bittet er, darüber zu schweigen. Und dann merkt er, dass er delegieren muss: Er schickt seine Jünger, jeweils zu zweit und nur mit kleinem Gepäck, über die Dörfer, damit sie predigen und heilen. Super! Nicht einmal Jesus meint, alles selbst machen zu müssen. Welch ein Vorbild!

Am Schluß lese ich, dass es die Gerüchte über Jesus bis an den Königshof geschafft haben.