Akupunktur

Wenn man in china wohnt muss man natuerlich auch etwas chinesisches lernen. Meine Eltern haben sich fuer die Sprache entschieden + Schriftzeichen und ich mich fuer die Chinesische Medizin. Die Akupunktur. Seit gut einem Monat gehe ich jeden tag zur schule und versuche 170 Punkte zu lernen. Wie man sich denken kann, ist das gar nicht so einfach. Seit 2 Wochen sind wir auch morgens im Krankenhaus und muessen nadeln setzen und wieder rausziehen. Aber wie setzt man den nur nadeln? Man muss wissen wie tief oder ob man sie schraeg oder gerade reindrueckt. Sich auch noch zu merken wofuer dieser Punkt jetzt gut ist, ist wirklich nicht mehr einfach. Und dann lernt man das ganze ja auch noch in Englisch.Ich habe jetzt aber einen deutschen Uebersetzer mir angeschafft, damit ich es zu mindest besser verstehe.  Trotz der ganzen Schwierigkeiten macht es trotzdem Spass. Wer will kann dann mal ne nadel kriegen. Also dann. Bis zum nadeln.

Zur Zeit nur mit Schirm aus dem Haus

Über mir braust es. Ich hab die Klimaanlage eingeschaltet, weil es einfach nicht mehr anders auszuhalten ist. Draußen ist es über dreißig Grad warm, sehr schwül und hier drinnen war es zumindest nicht viel kühler. Ich halte das auch für gesünder als diese völlig runtergekühlten Bürogebäude, in denen es jetzt kälter ist als es im Winter in ihnen war. Wirklich eine verkehrte Welt! Womit wir das bezahlen, hab ich heute mittag auch gemerkt, als ich nach dem Chinesisch-Unterricht das Haus verließ: es stank, als hätte die Formel eins sich direkt von Monaco nach CentralPark Beijing aufgemacht. Abgasgeruch pur! In den letzten Tagen hatten wir mehrfach dicken Smog, sodass wir gerade zwei Hochhäuser weiter gucken konnten. Dann gab es meistens heftigen Wind mit viel Staub und Sand, damit sich das Putzen lohnt – zurzeit fast täglich mehr als notwendig – und danach folgte ein Tag, an dem zahlreiche Chinesinnen ihren Schirm aufspannten.

Nein – es regnete nicht. Schirme braucht man, bzw. frau, hier als Schutz gegen die Sonne, denn nichts ist schlimmer als braun werden. Die Whitening Cremes sagen ja alles. Immer schön bleichen, möglichst helle Haut zur Schau stellen, damit zeigt jede an, dass sie es nicht nötig hat, draußen zu arbeiten. Und ich? Also, den Schirm vermeide ich ja sogar bei Regen, ein Sommerhut oder ähnliches ist bei meinem Kopfumfang schwer zu kriegen, also setze ich meine Hoffnung auf Schatten und Sonnencreme mit höchsten Lichtschutzfaktoren.

Nur eine bestimmte Stelle hatte ich neulich übersehen. Es war ein wunderbarer Sommertag, klare Luft, blauer Himmel und ich war zu Kaffee und Kuchen in einem traditionellen Courtyard Haus im Hutong jenseits der verbotenen Stadt eingeladen. Also setzte ich mich aufs Rad, gut behelmt und fuhr so rechtzeitig los, dass ich noch eine schöne Mittagspause am Houhai-See einlegen konnte. Aber mein rechtes Pedal fühlte sich sehr eierig an – ich hatte keine Ahnung, was los war, bis mein Fuss auf einmal in der Luft hing – das Pedal war abgefallen. Gott sei Dank – es geschah kurz vor einer belebten Kreuzung, rechts führte die Straße zum Bell-Tower und ich wusste, da gibt es Fahrradreparateure. Schnell hatte ich einen ausgemacht. Er besah sich Pedal und Rad und erklärte mir, was ich auch schon bemerkt hatte, dass nämlich alles völlig desolat sei und eine neue Halterung fürs Pedal her müsste. Aber auch das Fahrradgeschäft war in der Nähe und so besorgte er alles: zwei neue Pedale und die Halterung, die auf der Seite natürlich noch mit dem dreifachen Kettenkranz direkt verbunden ist. Nun habe ich all das neu am Rad in chinesischer Qualität – von wegen Shimano – und die Gangschaltung funktioniert noch nicht einwandfrei. Aber immerhin, ich konnte die Tour fortsetzen nach einer halben Stunde Arbeit und einer Bezahlung von umgerechnet 13 Euro. Pünktlich kam ich zum Apfelkuchen, es war ein schöner Nachmittag und abends fuhr ich eine halbe Stunde flott durch den Berufsverkehr ohne Probleme zurück. Nur mein Göttergatte fand heraus, dass ich wohl nicht ständig behelmt gefahren war. Bei der Reparatur hatte ich den Helm in der Fahrradtasche verstaut und anschließend dort belassen. Ich hatte mir einen Sonnenbrand geholt. Nicht auf der Nase, auch nicht an Händen oder Füßen, nein, auf dem Kopf, da wo die Frisur einen Scheitel besitzt.

Ich denke, ich halt mal Ausschau nach einer Schirmmütze.

Erdbeben

Wir erleben hier viel Neues. Aber das hätte uns allen erspart bleiben können! Am Montag, ca Viertel vor Drei nachmittags, saßen Charlotte und ich friedlich am Esstisch, als ich das Gefühl bekam, meine Beine würden ganz wackelig. Charlotte fragte gleichzeitig ziemlich irritiert, warum die Lampe über uns denn so hin und her wackelt. Uns beiden wurde klar: das ist ein Erdbeben. Die Beine wurden noch weicher, die Lampen schwangen eifrig hin und her und wir suchten die Nähe unserer Wände, wie wir es einmal geraten bekommen hatten. Immerhin ist China ein stark Erdbeben-gefährdetes Gebiet. Zwei sehr lange Minuten dauerte es, bis die Schwingungen offensichtlich geringer wurden. Wir zogen uns Schuhe an, nahmen Papiere und Schlüssel mit – beim nächsten Mal (hoffentlich nie wieder) denken wir auch an Essen und Trinken! – und machten uns auf den langen Weg durchs Treppenhaus nach unten. Wir waren nicht allein unterwegs. Von überall hörten wir Stimmen der Menschen, die mit uns diesen swingenden Block verlassen wollten. Unten angekommen, teilten wir der Security unsere Erfahrung mit – sie hatten nichts gemerkt. Doch im Cafe gegenüber – einem einstöckigen Gebäude, konnten wir uns erholen und wieder zur Ruhe kommen.

Doch die war schnell wieder vorbei, als wir erfuhren, wie schlimm das Erdbeben im Epizentrum tatsächlich war. Als Klaus vor einigen Wochen in Chengdu war, flog er zweieinhalb Stunden von Peking dorthin. Es ist also wirklich weit weg. Und doch haben wir noch so massiv miterlebt, was dort Fürchterliches geschehen ist. Täglich wird deutlicher, wie viele Menschen umgekommen sind oder noch verschüttet sind. Wir haben die Straßenverhältnisse von Bergdorf zu Bergdorf in Yunnan im Sinn, wenn wir von den Problemen hören, die die Helfer zur Zeit haben, um überall hin zu kommen. Was muss alles transportiert werden, was brauchen Menschen jetzt alles in ihrer Not, ganz abgesehen von dem Trost, den man braucht, wenn man solche Erfahrungen macht. Ich weiß, welche Panik wir schon hatten, ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es mir dort gegangen wäre. Zur Zeit überlegen wir, wie wir helfen können.

Der Lärm asiatischer Städte…

… sei enorm, hörte ich neulich im Radio. Das ist bestimmt so, auch wenn man’s manchmal gar nicht mehr merkt. „Könnt ihr mal eure Stimmen wieder runterfahren?“ rief Charlotte uns zu, während wir versuchten, die Straße zu überqueren. Heftig diskutierend waren wir an einer Abrissbaustelle vorbeigelaufen, auf der mehrere Abrissbagger gleichzeitig auf eine große Bauruine einhämmerten. Die Wände der Hochhäuser drumherum hatten den Schall zudem noch gut zurückgeworfen. Und nun wurde auf der völlig überfüllten Straße wieder gehupt, um irgendwie an dieser Kreuzung, wo nichts mehr ging, durchzukommen. Wie gut, dass wir ins Botschaftsviertel abbogen, die Straßen wurden schmaler, der Verkehr ruhiger. Auf einmal hör ich eine Stimme hinter mir. Laut, sehr laut, brüllt da einer. Nein, keiner der chinesischen Wachsoldaten, die aufpassen, dass keine armen Nordkoreaner irgendeine westliche Botschaft stürmen, gibt Befehle aus. Ein Chinese telefoniert offensichtlich mit Zuhause oder seinem besten Freund. Wer so laut schreit, hat nur die Allerliebsten am Apparat, oder aber: es ist ein Ferngespräch. Da muss man doch schreien – wenn es so weit schallen muss! Ich verstehe ja kaum was, aber alle anderen Chinesen bekommen bestimmt genau mit, was ihm auf dem Herzen liegt.

Wieder zu Hause angekommen, höre ich „White Christmas“ von unten heraufklingen, gleich gefolgt von „Jingle bells“. Ich dachte, es ist Ende April, nicht Dezember. Also guck ich mal raus. Aha, da versammeln sich mal wieder alle Arbeiter der Baustellen von gegenüber. Die wissen bei diesen Tönen offensichtlich ganz genau, dass sie zum Appell anzutreten haben. An die hundert Männer der Tagschicht mit ihren gelben Helmen stehen bestimmt da. Die Baustellenmannschaften arbeiten rund um die Uhr, sieben Tage lang. In der Nacht zeichnen sie sich durch besondere Lautstärke aus, denn dann – und nur dann – dürfen die großen LKWs in die Innenstadt. Und das heißt: in der Nacht wird abgeladen und aufgeladen, was das Zeug hält. Neulich nachts haben sie Bauzäune aus Blech verladen, stundenlang, ich hab’s genau mitbekommen. Und heute Nacht meinte unter anderem einer, er müsste seine ganz besonders laute und mehrtönige Hupe vorführen, auch das war nicht zu überhören.

Vor einigen Tagen drangen auf einmal ganz neue Töne zu uns rauf. Klaus und ich guckten gen Himmel raus, denn es klang, als wollte ein Hubschrauber landen oder auch zwei oder drei…. Doch in der Luft war nichts zu sehen. Stattdessen liefen enorm viele orangebejackte Männer auf den Rasenflächen des Parks vor unseren Häusern herum – es war schon dunkel, aber wir hatten die Erklärung: die mähen den Rasen. Ein bisschen spät – bei schlechter Sicht – sehr laut. Nun ja, um halb zehn stellten sie die Arbeit ein. Am nächsten Morgen fiel ich fast aus dem Bett. Die Helikopter waren wieder da – 5.30 Uhr! Etwas später wurde auch ich laut – im Büro des Managements.

Nachmittags um 2 hörte ich dann auf einmal Krach auf dem Flur. Viele Stimmen durcheinander. Dann erscholl auch unsere Klingel: Einmal drücken – viermal Sturmgeklingel. Ich lugte vorsichtig raus. Uniformen waren zu sehen. Ach ja, die Polizei. Die war vor einer Woche schon mal da, abends um 9. Sie kontrolliert, ob wir unsere Wohnregistraturscheine noch haben, die sie selbst ausgestellt haben. Wir haben sie. Jetzt hab ich den Ordner auch direkt im Griff und stell ihn nicht weit weg, wer weiß, wann sie wieder kommen – aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei. Der Nachbar hatte sich offensichtlich über den doppelten Besuch etwas lautstärker aufgeregt. Ich bleibe ruhig.

Abends um sieben ist irgendwo hier in der Nähe immer Appell. Gesehen habe ich diese Massen noch nie, aber laute Parolen können sie gemeinsam skandieren, als probten sie für die Großdemonstration, vielleicht sind sie ja am 1. Mai damit bei der großen Parade aufgetreten. Wir haben nichts gesehen davon, denn wir waren endlich auf der Großen Mauer. Da war es ruhiger, nur die T-Shirtverkäufer priesen lautstark ihre Ware mit dem Aufdruck: „I climbed the Great Wall“ an. Two shirts one dollar – standen sie mitten vor einem, sodass man nicht weiter kam. Und als wir uns tatsächlich interessiert zeigten, holten sie schnell die „better quality“ heraus und wollten 60 Yuan für ein T-Shirt. Als wir uns dankend den Weg freimachten, wurden sie noch lauter, ach ja, ich fühlte mich schon wieder wie in Peking im Silkmarket. Am Abend, zurück vom kombinierten Himmeltags- und 1.Mai Ausflug, setzten wir uns für die letzte Wegstrecke in ein Taxi. Der Fahrer hörte Radio. Lustige Geschichten waren dran, in voller Lautstärke, draußen hupte es von allen Seiten und der Feiertagsabendverkehr war auf seinem Höhepunkt. Wir waren wieder „daheim“ – alles ganz normal.