Frühling?

Draußen scheint die Sonne, ein warmes Lüftchen kommt durchs gekippte Fenster rein und im Park wird wieder Fußfederball gespielt – natürlich in Anzug und Kostüm, denn es ist ja nur Mittagspause. Aber Chinesen lieben es, sich zu bewegen und Sport zu treiben – da ist die Kleidung eher nebensächlich.

Das Frühlingsfest hat doch noch ein Ende gefunden. Vom 6. Februar an wurde durchgefeuert bis zum 21., aber jetzt ist endlich wieder Ruhe eingekehrt. Zwischendurch kamen wir uns vor wie im Kriegszustand, die losgelassenen Donnerschläge waren gewaltig und unzählbar. Wir hatten ja große Hoffnungen, dass nach unserem Urlaub in Yunnan Peking wieder zur Ruhe gekommen sein würde, aber die Hoffnung trog.

Dafür war unser erster Chinaurlaub einfach fantastisch. Er begann zwar mit einem Flug, der als „Todesflug“ in die Familienannalen eingehen wird, so schrecklich waren die Turbulenzen, die wir auszuhalten hatten. Uns allen war schlecht und wir haben ganz schön gezittert, selbst noch, als wir hörten, dass diese Turbulenzen für den Anflug auf Lijiang normal seien. Aber der Ort und seine Umgebung machten alles wieder gut. Die riesige Altstadt von Lijiang gehört zum Unesco Weltkulturerbe und hat vor 10 Jahren ein schweres Erdbeben überstanden, während die modernen Viertel von Lijiang dadurch zerstört wurden und viele Menschen zu Tode kamen. Überragt wird Lijiang vom Jadetigerschneeberg, der 3500 m hoch dem Himalaya vorgelagert ist und mit seinem Wasser die unzähligen kleinen Wasserläufe durch die Stadt speist. Im Ort 1.600 m üM herrscht eine Atmosphäre wie Rüdesheim, Heidelberg und Rotenburg auf der Tauber in einem. Die Bevölkerung gehört der Minderheitengruppe der Naxi an. Sie sind ein Bergvolk, dessen Dörfer wir auch besichtigen konnten. Ich kam mir wirklich vor wie in Oberbayern, Trachtengruppe, Volkstanz, Berge und klare tiefe Seen und Schluchten – alles wurde geboten, nur das Essen und das Marihuanakraut, das am Wegesrand wild wucherte, deutete auf Asien hin. Immerhin waren wir im goldenen Dreieck zwischen Laos, Myanmar und Vietnam.

Ein weiterer Flug brachte uns vom Yangtze an den Mekong nach Xishuanbanna, in die Subtropen. Es herrschten beinahe dreißig Grad – im Februar – und wir konnten wilde Elefanten im Urwald besuchen. Auch hier lebt eine ethnische Minderheit, die Dai, die Tee, Reis und Zuckerrohr anbauen. Es gibt Berg- und Wasser-Dai, und wir besuchten ein Dorf der Bergdai, zu dem wir nur auf kleinen geländegängigen Treckern hinauffahren konnten. Mehr als einmal dachte ich, wir kippen um. Im Dorf besuchten wir eine Frau in ihrem Haus. Es stand auf Pfählen, bestand total aus Holz mit Strohdach und im ersten Stock gab es eine offene Feuerstelle in der Mitte des Raumes, die ständig bewacht werden musste. Einrichtungsgegenstände waren rar, dafür war aber die Nachbarschaft zu Besuch. Unten gab es einen Schweine- und einen Hühnerstall, wobei die Schweine tagsüber Auslauf im gesamten Dorf haben. Wirkliche Wege gab es nicht, eher Trampelpfade, die aufgrund der momentanen Trockenzeit auch begehbar waren. Im Dorf gab es eine Tempelanlage, in der kleine Mönche ( 10jährig) – frisch eingezogen – lebten.

– Was wir besonderes aßen und erfuhren kommt im nächsten Bericht –

Auf jeden Fall knallte es noch immer, als wir in Peking landeten, und am 21. Februar gab es nochmals ein Dauerriesenfeuerwerk zur Feier des ersten Frühjahrvollmondes.

Dadi – ich nehme ein Taxi

Taxis gibt es in Peking wie Sand am Meer. Der unglaubliche Straßenverkehr wird von ihnen beherrscht und farblich geprägt: rot-gelb oder grün-gelb überall. Und die Taxifahrer sind eine ganz besondere Klientel: da gibt es jene flotten, wenig gesprächigen, die ihren Gast sicher, allerdings mit viel Gedrängel und ständigem Spurenwechsel von A nach B bringen, aber vor allem gibt es die chaotischen. Vor einiger Zeit machte ein Taxifahrer die ganze Fahrt über besondere Geräusche und hatte eigentlich auch immer nur eine Hand am Steuer. In der anderen bewegte er zwei Walnüsse hin und her, so dass ein gewisser Sound entstand. Das Lenken war zwar manchmal schwer, es ruckelte während der Fahrt und die Bremsen mussten öfters herhalten, aber was soll’s. Zuvor hatten wir schon einmal einen, der ein kleines Computerspielchen während der Fahrt machte. Dafür fuhr er auch besonders langsam. Beliebt ist auch das Lauschen eines lustigen Hörspiels während der Tour oder ständiges Gähnen wegen Übermüdung.

Dann gibt es natürlich die Herrschaften, die einen nicht fahren wollen, weil das Ziel zu weit oder unbekannt oder was weiß ich was ist. Da kann man dann nur aussteigen, oder einer hofft auf ein besonders lukratives Geschäft mit einer Langnase, hat nicht nur sein Radio an, sondern für den Gast auch noch einen Fernseher und steuert erstmal die falsche Richtung an. Wenn solch ein Europäer dann aber zeigt, dass er weiß, wo es lang geht, dann gibt es eine wortreiche Erklärung, warum man dachte, man müsste da lang fahren und nimmt dann doch zerknirscht den kürzesten Weg. Überhaupt sind viele Taxifahrer sehr gesprächig. Gerade heute hatten wir wieder so einen: Ich nenne ihm auf seine Frage mein Ziel und er beginnt ein Gespräch – alles auf Chinesisch. Noch kann ich mithalten, geht es doch nur übers Wetter und die „Sau“-kälte. Aber nun legt er los und ich gerate an meine Grenzen. Er spricht vom Straßenverkehr und der ruhigen Verkehrssituation in diesen Feiertagen. Meine Antwort fällt knapp aus. Er versucht es weiter, aber es klappt nicht. Ich weiß einfach nicht, welches Thema jetzt dran ist. Daraufhin muss er sowieso erst mal die Nase geräuschvoll hochziehen, husten und räuspern, an der Ampel die Autotür öffnen und rausspucken. Er ist doch sehr erkältet und müde ist er auch – das Gähnen will gar nicht wieder aufhören. Wir sind froh, als wir endlich unsere 1,50 € zahlen und aussteigen können. „Der war doch ganz nett und unterhaltsam“, meint Charlie. Sie hat gut reden. Sie saß ja auch nicht neben ihm.

Am besten gefallen hat mir bislang die einzige Taxifahrerin, die ich hier in Beijing erlebt habe. Sie hatte mit uns eine lange Tour bekommen und machte sich ganz anders als ihre Kollegen auf den Weg. Sie fuhr weder hektisch noch drängelnd, aber zügig und, was ich hier noch nie erlebte, vorausschauend und mit Abstand. Als sie einen Stau erspähte, bog sie ab, irgendwie in die Nebenstraßen und brachte uns so schnell und sicher ans Ziel. Ich hatte den Eindruck, zum ersten Mal in einer Taxe zu sitzen, bei der der Fahrer, bzw. die Fahrerin, wusste, wie das Straßennetz Pekings aussieht. Wir erspähten auch eine besondere Auszeichnung für sie auf dem Armaturenbrett.

Mit dem Sehen ist das bei manchen auch so eine Sache. Neulich zog ein Fahrer eine Lupe hervor, um die Adresse auf der Visitenkarte überhaupt lesen zu können. Welche Art von Prüfung macht solch ein Fahrer eigentlich, bevor er auf die Menschheit losgelassen wird? Musste er so wie andere Führerscheinanwärter auch nur auf dem Verkehrsübungsplatz herumfahren und eine theoretische Prüfung ablegen? Gibt es zusätzliche Orientierungsprüfungen? Und was ist mit Sehtest und Eignungsprüfung, Fahr- und Ruhezeiten? Und warum haben manche so eine Art Käfig um sich aufgebaut?

Morgen hat unser Fahrer nicht mehr frei – Gott sei Dank!