Man gewöhnt sich dran?

Endlich, es scheint Frühling zu werden. Gestern haben wir unsere Fahrräder aufgepumpt und sind losgeradelt. Zunächst fuhren wir auf dem linken Fahrradweg, dann gegen den Einbahnstraßenverkehr, anschließend über eine Kreuzung bei roter Ampel und dann noch ein Stück auf dem Fußweg, da die Straße mit Autos verstopft war. Keiner von uns beiden fährt gern hinter dem anderen, denn dann muss man mit Schrecken die halsbrecherischen Aktionen des anderen ansehen. Aber das machen alle so und nur so kommt man voran. Wir sind heil angekommen, zunächst beim Schneider, anschließend in der Markthalle. Frische Erdbeeren, Mango, und Kiwi, Süßkartoffeln, Minitomaten und Rettich…, meine Fahrradtasche füllte sich ordentlich. Wir beschlossen, über den dritten Ring zurückzufahren, der Straßenzustand ist einfach besser und man hat etwas mehr Platz zum Ausweichen. Außerdem kann man den Autos zusehen, wie sie im Stau stecken auf der acht- spurigen Straße am Sonntagnachmittag um 3! Am besten war allerdings der Anblick der Straßendekoration: zahlreiche mit Kugeln und Sternen dekorierte Weihnachtsbäume und das am 6. März!

Als wir vor zwei Wochen am Ende unseres Australien-Urlaubs in Sydney im Supermarkt Lindt Osterhasen sahen, war das auch seltsam, so bei der sommerlichen Hitze draußen. Andererseits ist unsereins es ja aus Deutschland gewohnt, dass die Leckereien immer sehr rechtzeitig vor den Festtagen angeboten werden.

Überhaupt war es schwer, aus Australien zurückkehrend, sich hier wieder einzufinden. Als ich in Peking aus dem Flugzeug ausstieg, dachte ich, ich müsste ersticken, so erbärmlich schlecht war die Luft. Und sollte es auch noch mehrere Tage bleiben, bis die Wetterbehörde es dann wieder schneien ließ. Ja, sie haben wieder Silberjodid auf die Wolken geschossen. Der anschließende Schnee reinigte die Luft und feuchtete die Natur.

In Australien war es ruhig, die Autos hupten nicht, waren auch eher selten, alle 5-10 min mal ein Auto und Orte und Menschen gab es auch nur wenige. Und die unterhielten sich leise, führten auch keine geschrieenen Ferngespräche mit dem Handy, guckten, wo sie hinliefen, rülpsten und rotzten nicht in die Gegend. Ganz Australien hat so viele Einwohner wie allein Peking. Dafür ist die Natur in China leiser. Weder Meer noch Flüsse rauschen, es gibt keine zwitschernden Vögel am Morgen, aber auch keine Kakadus, die abends lärmen. Aber Peking hat auch seine Vorteile: die Geschäfte schließen nicht bereits um 17 Uhr und die Preise liegen viel niedriger. Insbesondere das Essen und die Getränke sind wieder mehr als erschwinglich.

Apropos essen und trinken: auf einmal fällt mir auch wieder auf, wie selbstverständlich hier jeder Angestellte an seinem Arbeitsplatz zu Mittag isst, egal ob Bekleidungsgeschäft oder Reiseagentur. Ganz extrem war das am Samstag, als wir in einem Brillenkaufhaus eine Brille aussuchten – mehr als hundert Brillengeschäfte auf einem Stockwerk – und mitgenommen wurden in den Raum, in dem die Brillen zusammengesetzt werden. Hier stand auch ein Öfchen mit verschiedenen Töpfen, in denen jemand ohne jeglichen Schutz Gläser einfärbte und daneben hockten mehrere Angestellte und schaufelten ihr Mittagessen aus der Schale in den Mund. Das sah alles sehr appetitlich und gesund aus. Mahlzeit! Nach einer Stunde hatte ich übrigens zwei neue fertige Brillen für zusammen 600 RMB, das sind 65 Euro. Und auch hier stand noch ein Weihnachtsbaum in voller Pracht. Da merkt man, dass die Chinesen Weihnachtsbäume einfach für eine nette Dekoration halten. Und da die anderen Bäume ja noch alle ohne Laub dastehen, bleibt alles noch ein bischen erhalten. Auch die Nikolausgesichter machen sich noch gut neben den Hasen, die zum chinesischen Neujahrsfest aufgehängt worden sind. Eine nette Deko zu Ostern. An manches kann ich mich einfach nicht gewöhnen.