Fahrt zur Hölle

Irgendwann musste es ja so weit kommen. Wie habe ich es nur so lange ausgehalten?

Ich beschäftige mich intensiver mit den hiesigen Glaubensvorstellungen.

Bis vor kurzem konnte ich kaum die buddhistischen von den daoistischen Tempeln unterscheiden. Ich dachte: „das begreife ich nie!“ Doch jetzt weiß ich: es lag nicht an mir, sondern an den Chinesen. Sie bringen nämlich ein wunderbares Durcheinander zu Wege, indem sie einfach Buddhas und daoistische Göttermassen in einem Tempel, oder zumindest in einer größeren Tempelanlage zusammen unterbringen. Wie soll ich mich da auskennen?!

Frau Ma, meine Chinesisch-Lehrerin, nicht zu verwechseln mit Herrn Ma, unserem Fahrer, oder Frau Ma, unserer Ayi (= Haushaltshilfe), also Ma Yü Ling gab den entscheidenden Tipp: Guck dir die Mönche an. Geschorene Köpfe sind Buddhisten, langhaarige Mönche sind Daoisten. Leider machen sich oftmals die Mönche rar. Und am Weihrauch kann man nichts erkennen. Mit dem könnten sie es schaffen, mich aus allen Tempeln hinaus zu treiben. Das funktionierte schon in Deutschland in den römisch-katholischen Kirchen. Auf Weihrauch reagiere ich allergisch. Wie gut, dass ich reformiert bin und Johannes Calvin weder Bilder, Blumen noch Weihrauch im Gottesdienst zuließ.

Das alles gibt es in den hiesigen Tempeln um so mehr. Bilder und Statuen von unzähligen Göttern und Opfergaben in Form von Räucherstäb(ch)en jeglicher Größe (durchaus über 1,5m Lang), Blumen und Obst.

Aber neben den Göttern gibt es auch Geister, gute und scheußliche. Die grässlichsten sah ich neulich in der Hölle.

Ja, wir machten eine mehrtägige Reise auf dem Jangtze und besuchten u.a. Fengdu, die Geisterstadt, in der man sehen kann, wie es in der Hölle zugeht. Ich kann versichern – kein Ort zum Urlaub machen! Doch zugleich kann man sich in Fengdu schon mal ein wenig freikaufen aus der Hölle – kommt mir doch irgendwie bekannt vor. Erinnert mich schon wieder an röm.kath.!

Zudem bieten Wahrsager ihre Dienste an. Vielleicht, damit man besser weiß, was man noch im Leben so anstellen wird, um gleich vorort genügend Höllenbefreiungszertifikate zu erwerben.

Nun, es war ein Höllenspaß, all die Fratzen zu sehen, die Aberglauben-Geschichten zu hören und das Spektakel mitzuerleben, das Chinesen so sehr lieben.

Übrigens machten wir diese Fahrt in diesem Jahr rund um den 1. Mai, der 2008 mit dem Himmelfahrtstag zusammenfiel.

Dear Dr.

Namen sind in China etwas anders als von Deutschland gewohnt.

Das fängt damit an, dass die Chinesen ihren Namen in umgekehrter Reihenfolge schreiben. Also nicht Vorname Nachname (z.B. Klaus Blatt), wie wir es gewohnt sind. Sondern Nachname Vorname (in meinem Beispiel also Blatt Klaus).

Nun geben sich viele Chinesen einen westlichen Vornamen, um dieses Problem zu überwinden. Also zu Beispiel Michael Wang oder Becky Li. Aber eben nicht alle. Was ist bei He Tao, Lu Ying, Lei Kuang, Xin Zeng oder Wang Li nun Vor- und was Nachname? Und wie spricht man den Kollegen, die Kollegin an?

Zum Glück haben die meisten Bayer Kollegen einen westlichen Vornamen, so dass das Problem nicht auftaucht. Dafür sind die gewählten westlichen Vornamen manchmal zum schmunzeln. Wie finden Sie die Vornamen wie: Melody, Summer, Smart, oder gar Carman (ein Mann, Carman = Car Man).

Eine andere chinesische Besonderheit ist die Verdoppelung des Vornamens. Also Peipei statt Pei, oder Ningning. Etwas merkwürdig kam mir allerdings Pengpeng vor.

Aber die chinesischen Kollegen haben offensichtlich ähnliche Schwierigkeiten mit unseren westlichen Namen. Nun lautet mein voller Name Dr. Klaus Blatt. Also bekomme ich mails mit Dear Klaus, aber auch schon mal mit Dear Blatt.  Immer wieder aber auch mit Dear Dr.  Auf Rückfrage wurde mir beschieden, dass ich diese, für mich etwas merkwürdige Anrede, als Ausdruck der Hochachtung für mich verstehen soll. Schließlich habe ich einen Dr.-Titel und die Anrede Dear Dr. druckt den Respekt davor aus.

Also Schwierigkeiten auf beiden Seiten des interkulturellen Dialogs.