Ich weiß, ich weiß, der Titel heißt eigentlich anders und dann gehören die Mäuse auch nach vorne, aber um den Tatsachen und der Chronologie gerecht zu werden, muss er so lauten.
Wir waren einmal mehr unterwegs in China. Direkt nach unserer Reise durch Vietnam (Bericht kommt später) beschlossen wir, mal wieder ursprüngliches China erleben zu wollen. Also suchte ich die Provinz aus, die von touristisch interessierte Chinesen völlig unbeachtet bleibt und mit keinerlei besonderer Attraktion verbunden wird: Qinghai, nordöstlich von Tibet, auf dem tibetischen Hochplateau. Am Tag, als ich die Reise zu bezahlen hatte, passierte es. Qinghai war in allen Nachrichtensendungen präsent. Ein heftiges Erdbeben hatte sich in Yushu ereignet. Auf der Karte sah ich: Yushu liegt im Süden, Xining und Tongren im Norden. Qinghai ist doppelt so groß wie Deutschland. Wenn es in Berchtesgaden wackelt, merkt das kein Mensch in Schleswig. Und es waren ja noch drei Wochen bis zu unserem Tourstart. Unser Flugzeug war die erste wieder regulär fliegende Maschine nach dem Erdbeben. Alle anderen hatten noch Hilfstruppen, Zelte etc. mitgenommen. Als wir, unsere Reisegruppe mit 18 Menschen, in Xining landeten, sahen wir Krankenwagen, die auf Erdbebenverletzte warteten, die mit einem Flugzeug von Yushu kommen sollten. Irgendwann in diesen Tagen sah Klaus auch die Autokolonne mit Wen Jiabao, der einen Krankenhausbesuch machte. Aber ansonsten merkten wir nichts vom Erdbeben.
Dafür durften wir beeindruckende Landschaften, Tempel und Menschen kennenlernen. Wir bewegten uns auf Höhen von 2000-3000 m üM. Und sahen Berge, die noch um etliche Meter höher waren, teilweise wirkte es wie in den Rocky Mountains. Zudem begann es gerade, grün zu werden, auch wenn wir noch Reste von Schnee und Eis entdeckten. Nur wenige Menschen leben in diesen Bergen, vor allem Hirten mit großen Schaf-, Ziegen- und Yakherden. Die kleinen Dörfer bestehen aus einstöckigen Lehmhäusern, die jeweils eine Lehmmauer umgibt. Ein Obstbaum im inneren Garten blühte gerade und außen an der Mauer trockneten die Kuhfladen, um später als Feuerungsmaterial zu dienen. Es waren Dörfer der Sala und Hui, Minderheiten arabischen Ursprungs mit muslimischem Glauben. Wir hatten das Glück, nach dem ersten Mittagessen spontan bei einer Begegnung auf der Straße von einer Großfamilie zu sich nach Hause in ihr Dorf eingeladen zu werden. Mit ihnen gemeinsam fuhren wir im Bus über schmale Schotterstraßen ins „Nirgendwo“, so wirkte es auf mich.Zunächst wurden wir alle im Haus mit sehr typischem Früchtetee versorgt, am liebsten hätten sie auch noch für uns gekocht. Aber wir zogen nach einer Stunde voller Dank weiter. Neben den Hui leben vor allem Tibeter in dieser Provinz und so besuchten wir als nächstes das Haus des 10. Panschen Lama. Es war das erste in einer langen Reihe beeindruckender buddhistischer Tempel und Schulgebäude. Die Farbigkeit dieser Tempel, die Masse der Gebetsmühlen, die ewigdauernden Rituale und Gebete, die freundlichen Menschen mit ihren von harter Arbeit und rauem Klima gezeichneten Gesichtern ließen mich ständig zum Fotoapparat greifen. Nur die Mönche sahen eigentlich eher weichgespült aus, wie sie so in ihren roten Kutten daherkamen, oft mit Motorrädern, manchmal auch im Taxi. Ja, wir wurden auch mal von ihnen angebettelt, aber das war die Ausnahme. Die Nonnen dagegen hatten alle hart zu arbeiten, wie es überhaupt auffiel, dass die Tibeterinnen die schwere körperliche Arbeit machten. Bei den Kindern, nur mit ihnen konnten wir uns ohne Reiseleiter unterhalten, da sie in der Schule neben tibetisch auch chinesich und in späteren Jahren auch englisch lernen, stellten wir fest, dass die Mädchen sprachlich fitter und auch neugieriger auf Fremde waren.
Unser zweites Ziel war der Kambala Forest Park,- Google kennt ihn nicht! – eine beeindruckende Natur oberhalb des zweitgrößten chinesischen Staudaums am Gelben Fluss, der hier noch strahlend blau ist. Neben Bootsfahrt und Bergtour, Dorf und Klöster, hielten uns Mäuse auf Trab. Leider hatte unser Hotel irgendwie die Anschaffung von Katzen vergessen, sodass es in der Nacht in diversen Zimmern raschelte, nagte und anschließend laut wurde durch die Jagd auf die Störenfriede. Es war das einzige Hotel vor Ort – aber wir reisten eh wieder ab. Wen wir übrigens nicht gesehen haben (nein, nein, der ewig lächelnde Obertibeter war fotografisch in jedem Tempel zu sehen) : Touristen. Qinghai könnte einige mehr gebrauchen, bloß nicht zu viele!