Aber wirklich ganz anders als China war Japan. Für deutsche Ohren mag es komisch klingen: ein verlängertes Wochenende verbrachte ich in Japan, genauer gesagt in Osaka, Kyoto und Nara. Klaus hatte dort eine Woche lang beruflich zu tun und ich flog ihm nach. In Beijing hatte der Winter gerade beschlossen, jetzt wird es eiskalt und ich wusste auf dem superneuen Flughafen überhaupt nicht, wie schnell ich noch zittern sollte vor lauter Kälte. In Osaka waren die Temperaturen herbstlich und der Flughafen wohlbeheizt. Allerdings lag er auf einer Insel im Meer und die Anfahrt nach Osaka war lang. Mit dem Bus für 12 Euro eine Stunde Fahrt auf der linken Straßenseite, dann Direktausstieg vorm Hotel. Vor dem Einsteigen in den Bus hatte mir ein freundlicher Mann mit einem höflichen Diener meinen Koffer abgenommen, der Fahrer des Busses hatte mich mit Verbeugung begrüßt. Die Kofferträger verabschiedeten den Bus mit Verbeugung. Der Koffer wurde mir mit Verbeugung wieder überreicht. Wo man auch hinkommt, jeder verbeugt sich. Besonders auffällig ist das im Supermarkt, in den großen Malls. Jede Verkäuferin, die man beiläufig passiert, verbeugt sich tief.
Im Hotelzimmerbad befindet sich natürlich eine japanische Toilette: Beheizte Klobrille, automatische Spülung während des Urinablassens, integrierte Dusche und Fön für den unteren Körperteil, damit alles schön sauber wird – ganz ohne Toilettenpapier. Es fehlte nur noch der Zeitungshalter mit automatischer Umblättermechanik – kommt bestimmt noch! Der Ausblick aus dem Hotelzimmerfenster ist gewaltig: ein Häusermeer ohne Ende, der Flugzeugausblick beim Rückflug bestätigt diesen Eindruck. Kaum etwas Grünes ist zu sehen, dafür aber ein shintoistischer Schrein auf dem Hochhausdach nebenan – bizarr, neben den Abluftrohren!
Ein erster Bummel macht deutlich: Japan ist voll – viel voller an Menschen als China. Aber die Menschen sind rücksichtsvoller: man wird nicht umgelaufen oder angerempelt. Die Leute riechen nicht, spucken nicht, sind gut und geschmackvoll gekleidet – und ich verstehe mal wieder kein Wort! Lesen kann ich auch nichts. Osaka ist so voll, dass man auf einen Platz im Restaurant warten muss, auch wenn zwanzig Lokale nebeneinander und hunderte in nächster Umgebung, – unter und überirdisch – zu finden sind. Und mit dir warten Massen. Dabei ist hier alles auch noch fürchterlich teuer. Die Dose Bier im Supermarkt nebenan kostet 2,50 Euro. Man geht besser ausländisch als japanisch essen, dann ist es eher erschwinglich und man kann besser anhand der Bilder auf der Speisekarte raten, was man aufgetischt bekommen wird.
Am nächsten Morgen donnert und blitzt es während wir ausführlich frühstücken. Der Zug soll uns nach Kyoto bringen. Am Bahnhof finden wir einen bei unserem Anblick völlig aufgeregten Schalterbeamten, der uns Karten verkauft und ungefragt Gleis und Abfahrtszeiten aufschreibt. Bahnhof und Zug sind unglaublich sauber, die Straßen Osakas ebefalls und Kyoto wird es auch ohne die Dauerregendusche, die wir morgens erleben, bereits gewesen sein.
Als wir den Kaiserpalast erreichen, hört der Regen auf und wir können an einer englischsprachigen Führung teilnehmen. Allerdings müssen wir unsere Pässe vorlegen und reservieren. Noch im vergangenen Jahrhundert war Kyoto Kaisersitz. Japaner dürfen nur einmal im Jahr den Palast besichtigen, Ausländer viel häufiger. Wir nutzen die Besichtigung der Außenanlagen für eine ausführliche Fotosession, die Innenräume werden uns nur per Film vorgeführt. Allerdings scheucht uns ein Aufseher, der hinter der Besichtigungsgruppe hergeht, voran. Am Ende lässt sich sogar die Sonne blicken und wir beschließen, auch noch die goldene Pagode zu besichtigen. Der Taxifahrer, im feinen Anzug, weißem Hemd und Krawatte, der uns hinbringen soll, steigt aus, um nach dem Fahrziel zu fragen, öffnet die Taxitür zu einem mit weißen Häkelschutzdeckchen ausstaffiertem Sitz. Es duftet gut und während der Fahrt bekommen wir Bonbons angeboten.
Am nächsten Tag besichtigen wir die alte Kaiserstadt Nara – einfach unglaublich, ich könnte seitenlang berichten über Tempel, Buddhas, japanische Hochzeiten, zahme Hirsche….
Und Osaka – am eindrucksvollsten sind mal wieder die Lebensmittelabteilungen der großen Kaufhäuser. Zum einen ist es die unglaubliche Vielfalt der Waren,zum anderen aber auch ganz besonders – und das scheint mir sehr japanisch – die Schönheit und Akkuresse, in der die Ware angeboten wird. Wir konnten uns gar nicht satt sehen. Und wenn du nach all dem Kaffee und Kuchen zu dir nehmen willst, kniet sich die Bedienung neben dir hin, um deine Bestellung aufzunehmen. Damit ihr Kopf ja nicht höher ist als deiner.
Und doch, bei aller angenehmen und schmeichelnden Höflichkeit hatten wir doch den Eindruck, manchmal stehen die Japaner mit all dem sich selbst im Weg und kommen nicht voran. Man muss mit ihnen auch sehr geduldig sein.