Es ist Montag, der 9. Februar, für Chinesen ist es der erste Monat, 15. Tag, das heißt, es ist Laternenfest, der Abschlußtag der Neujahrsfeierlichkeiten. Noch einmal wird gefeiert mit großen Feuerwerken, leckeren Kuchen und so weiter: Danach werden die Familienmitglieder wieder an die Orte zurückkehren, wo sie Arbeit gefunden haben – falls sie nicht zu den neuen 20 Millionen Arbeitslosen gehören, die die Weltwirtschaftskrise bisher in China zum großen Arbeitslosenheer hinzugefügt hat. Wir stehen am Fenster und bestaunen ein riesiges Feuerwerk, das hinter den Nachbarhäusern hervorblitzt. „Das da nie was passiert!“ meint Klaus und ich erwidere: „Vielleicht erfahren wir es nur nicht.“ Klaus, Charlotte und Wen Wu beschließen, es sich aus der Nähe anzusehen. Kurze Zeit später klingelt das Telefon. Ich kann kaum verstehen, was Klaus sagt, da gerade vor unserem Haus ein Prachtfeuerwerk in die Luft geht. „Komm schnell mit deiner Kamera, hier brennt das kleinere der CCTV-Häuser.“ Ein Feuerwerkskörper hatte das Dach in Brand gesetzt und – obwohl da oben Menschen gewesen waren, hatte keiner gelöscht und so fraß sich das Feuer weiter. Als ich mich nähere, beginnt gerade die Frontseite zu brennen. Die Fassadengestaltung fand ich schon die ganze Zeit über hässlich, sie hatte was von Wellblechdach, aber dass sie auch noch so leicht entflammbar war, konnte ich mir kaum vorstellen. Nach kurzer Zeit steht das ganze Gebäude, über 150 m hoch, in Flammen. Ab und zu hören und sehen wir heftige Explosionen. Alles war wohl fertig ausgestattet, das Luxushotel, die Tonstudios, die Kinosäle …Und nun geht alles in Flammen und Rauchwolken auf. Während ich filme, kommen immer mehr Menschen möglichst nahe ran, auf der dritten Ringstraße, direkt vor dem Gebäudekomplex, geht der Verkehr weiterhin langsam vorwärts, öffentliche Busse halten an und spucken Passagiere aus. Die Polizei guckt zu. Nach einer Stunde sehen wir, wie sich die ersten Feuerwehrwagen langsam nähern, denn die haben hier keine eingebaute Vorfahrt und die Straßen sind wie immer dicht. Windböen lassen ab und an die Funken fliegen und fachen riesige Flammen an. Etwas weiter wird gerade wieder ein Feuerwerk gezündet. Am nächsten Tag lesen wir, dass Angestellte des CCTV (Nationales Chinesisches Fernsehen) selbst das illegale Höhenfeuerwerk auf ihrem Gelände haben abbrennen lassen, ein toter Feuerwehrmann, sechs Verletzte, und bestimmt 100 Millionen Euro Sachschaden sind entstanden. Chinesen halten das für einen ganz schlechten Jahresanfang.
Ein paar Fotos des angebrannten Gebäudes finden sich hier