Pfingstsonntag, Vormittag, gegen 11.00 Uhr.
Es klingelt an der Tür. Wer mag es sein? Charlotte ist seit dem frühen Morgen bei Ihrer Freiwilligen-Arbeit in der Schule für Autisten. Der Besuch aus Deutschland, der gerade hier ist, sitzt bei uns. Anderen Besuch erwarten wir nicht. Irgendwelche Dienste oder Lieferungen haben wir auch nicht bestellt. Wer kann es nur sein?
Gespannt öffnen wir die Tür und wen sehen wir vor uns – zu unserer grössten Verwunderung – die chinesische Polizei. Sie möchte (wieder einmal) unsere Papiere kontrollieren. Diese sind in Ordnung und so ist nach wenigen Minuten diese „Pfingsterscheinung“ auch schon wieder vorbei.
Zu letzt hatten wir dies mehrfach vor der Olympiade im letzten Jahr. Zu dieser Zeit mussten viele Menschen, die das Bild der perfekten Olympiade stören konnten Beijing verlassen: Wanderarbeiter, Dissidenten u.a. Die Kontrollen dienten ganz offensichtlich dazu all diese zu finden und aus der Stadt zu entfernen.
Aber warum nun wieder? Nach kurzer Überlegung wird uns der Grund klar. In dieser Woche jährt sich zum 20. Mal das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens (geschehen am 04.06.1989). Die chinesischen Behörden sind offensichtlich sehr nervös, was den Jahrestag betrifft, zumal es vor 10 jahren u.a. eine große Demonstration der Falun Gong Sekte gab.
Schon vor einigen Tagen war uns aufgefallen, dass die chinesischen Wachen vor den Botschaften alle mit einem ca. 1,60 Meter langen massiven Stock ausgestattet wurden. Offensichtlich bereitet sich der chinesische Staat auf alles vor. Gerade habe ich auch noch bei tagesschau.de gelesen, das wieder diverse Websiten gesperrt und Dissidenten aus Beijing ausgewiesen wurden.
Unsere „Pfingsterscheinung“ war nach Minuten vorbei. Ich bin gespannt, ob es das Einzige bleibt, was es über diesen traurigen Jahrestag zu berichten gibt.